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Das Modersohn Haus - Ein Ort der Gegensätze vereint (aus meinem Reisetagebuch 2018)

Worpswede, 27. April 2018


Hier finden sich alle zusammen – im Modersohn Haus. Der Entdecker, die Wegbereiter, die Erneuerer, die Bewahrer; die Verbotenen und Entarteten. Die Nationalisten und Kommunisten. Dieses Haus ist der 1. bis 3. Generation von Worpsweder Künstlern gewidmet.

• Fritz Mackensen mit seinen dunklen, dem Realismus verpflichteten Bildern,

• Otto Modersohn, der Hausherr, mit Landschaftsaufnahmen, welche seine menschliche Tiefe und Weite erahnen lassen.

• Etwas unbekannter: Hans am Ende, mit seinen lichten Bildern. Gefallen im Ersten Weltkrieg, in den er sich freiwillig gezogen ist.

• Heinrich Vogeler, das Universaltalent; Maler, Schriftsteller, Architekt, Produkt-Designer, Erzieher, Schauspieler, Kommunarde und Kommunist – „Medienstar“ würde man ihn wohl heute nennen.


Diese Künstler der ersten Generation finden sich hier mit ihren Exponaten neben den Gemälden der nachfolgenden 2. und 3. Generation bis ca. Ende der 1950er-Jahre wieder.

1897 kaufte Otto Modersohn das Haus in der Worpsweder Hembergstrasse. Hier wohnte, lebte und liebte er. Und verlor zwei Frauen an einem Ort. Im Juni 1900 stirbt seine erste Frau Helene an Tuberkulose. Sie hinterlässt neben Otto die gemeinsame Tochter Elsbeth.


Knapp ein Jahr später zieht Paula Becker, später Paula Modersohn-Becker ein. Neben Heinrich Vogeler, die wohl schillerndste Persönlichkeit der Worpsweder Kolonie. Paula lebt, liebt und litt in diesem Haus, bis sie im November 1907, kurz nach der Geburt ihrer Tochter, an einer Embolie hier verstarb. Ihre Anerkennung als Malerin erlebte sie selbst nicht mehr. Erst nach ihrem frühen Tod, mit 31 Jahren, wurde sie mit ihrem Werk berühmt.

Otto Modersohn verlässt das Haus mit seinen beiden Töchtern im Jahr 1908 und verkauft es schließlich im Jahr 1920.


Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Bilder von Paula Modersohn-Becker und Heinrich Vogeler als „entartete Kunst“ eingestuft. Mackensen, der „Entdecker“ von Worpswede, vertrat die nationalsozialistische Kunstauffassung. Er war unter anderem Vertrauensmann der Reichskulturkammer und leitete die „Nordische Kunstschule“ in Bremen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verhängten die Alliierten über Mackensen zunächst ein Ausstellungsverbot. Kurz vor seinem Tod im Jahr wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.


Das Modersohn Haus vereint heute all diese, doch so unterschiedlichen Künstler und Künstlerinnen in einer gemeinsamen Ausstellung. Neben Kunstschau ist das Haus auch Museum, welches einen Einblick in das Leben von Paula und Otto Modersohn bieten will.

Und dann kamen noch zusammen, an diesem Freitagvormittag im April 2018:

• eine alte Dame, welche mir die Eintrittskarte verkaufte. Freundlich machte sie auf den Aufbau der Ausstellung aufmerksam. Ganz erfüllt von dem Ort ihrer Tätigkeit, konnte man von ihr viel Wissenswertes erfahren.

• Ein niederländisches Ehepaar, von dem Sie vor den Bildern verharrte, während Er mit schnellem, lautem Schritt durch die Räume marschierte.

• Zwei Damen reiferen Alters, welche so in ihre Kommunikation über Kunstthemen vertieft waren, dass andere Personen ihrer Worte ohne Probleme mit verfolgen konnten. 

• Sowie ein Herr, der später diese Zeilen schrieb.


Weitere Foto´s aus Worpswede findest Du auf meinem Fotoblog: 
https://traumland-foto.blogspot.com/2018/05/worpswede-kunst-kultur-natur.html


© 2018 / 2023 - Hans Jürgen Groß


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