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Der kleine Hase - Erinnerung an ein Osterfest in Isolation

Erinnerungen an eine Zeit der Isolation: Die Ostergeschichte "Der kleine Hase"

Schweinegrippe, Vogelgrippe, Ebola … – so viele Virusnamen, die wie ein Schrecken über die Bildschirme flimmerten, Angst und Panik auslösten, uns aber letztendlich doch nicht wirklich berührten. Als Anfang 2020 erneut ein neues Virus, eine neue Krankheit die Nachrichten beherrschte, war die Aufmerksamkeit groß, jedoch wähnte man sich selbst in Sicherheit, wie die Erfahrungen der Vergangenheit gezeigt hatten.

Anfang Februar 2020 nahmen die ersten Fälle in Deutschland zu. Die Bedrohung schien jedoch noch weit entfernt. Ende Februar besuchte ich ein Seminar in einem Kloster. Umarmungen und herzliche Begegnungen waren an der Tagesordnung. Man hatte zwar von erkrankten Menschen in Italien gehört, aber selbst war man dort ja nicht gewesen.

Zurück zu Hause überschlugen sich die Ereignisse. Die Zahl der Infizierten stieg rasant, die Krankheit rückte immer näher. Zuerst waren es scheinbar nur Feiernde, die betroffen waren, doch dann griff das Virus unaufhaltsam um sich. Das Unfassbare wurde Realität: Wegen einer Viruserkrankung kam es zu massiven Eingriffen in die Wirtschaft. Das öffentliche Leben wurde heruntergefahren, Geschäfte und Firmen schlossen, Kontaktverbote wurden verhängt.

Ostern 2020 – ein Fest der Einsamkeit. Besuche waren verboten, die Menschen blieben in ihren Wohnungen isoliert. In dieser Zeit entstand meine Ostergeschichte "Der kleine Hase". Sie sollte Mut machen und Trost spenden in dieser bedrückenden Zeit.

Im Gegensatz zu meiner Umwelt fühlte ich mich durch die Pandemie wenig bedroht. Ich konnte die Abgeschiedenheit genießen und nutzte die Zeit, um mit bunten Frühlingsbildern, kleinen Geschichten und Anekdoten meine eigene Welt zu erschaffen, die ich dann im Internet teilte.

Vier Jahre sind seitdem vergangen. Der Sand des Vergessens bedeckt allmählich die Erinnerungen an diese Zeit. Umso spannender ist es für mich, meine Geschichte von damals zu lesen und die kleinen Hinweise auf die neue Alltäglichkeit bewusst wahrzunehmen. Der Zusammenhalt der Menschen, der zu Beginn der Pandemie vorherrschte, wandelte sich in der darauffolgenden Zeit. Den einen gingen die getroffenen Maßnahmen zu weit, die anderen wünschten sich mehr von ihnen. Ein Jahr später standen Impfbefürworter den Impfskeptikern gegenüber. Im Januar 2023 erkrankte ich selbst an diesem Virus. 

Mittlerweile sind wir von dem Thema "Krieg" umfänglich umsponnen. Ein Themenbereich, der mich selbst in wirkliche Unsicherheit führt, meine Kreativität, belastet. Der auf den Bildern zu sehende "kleine Hase", stand noch lange Zeit auf meinem Frühstückstisch, bis er eines Tages herunterfiel und zerbrach. 

"Der kleine Hase" ist ein einzigartiges Zeitdokument, das die Ängste und Hoffnungen einer Gesellschaft im Ausnahmezustand widerspiegelt. Es ist eine Geschichte von Mut und Zuversicht, die uns daran erinnert, dass selbst in den dunkelsten Zeiten Licht und Hoffnung zu finden sind.

Ich lade euch ein, die Geschichte "Der kleine Hase" zu lesen und einzutauchen in die Atmosphäre einer Zeit, die uns alle verändert hat.

Viel Spaß beim Lesen!


Der kleine Hase 

Samstag


Von einem lauten Geräusch wurde ich heute Morgen geweckt. Es klang, als ob die Terrassentür zugeschlagen worden wäre. Schnelle Schritte näherten sich meinem Schlafzimmer. „Hans Jürgen, Hans Jürgen“ hörte ich den alten Bären nach mir rufen. - Niemand ruft mich, Hans Jürgen. Jeder sagt Jürgen zu mir. Aber dies nur so am Rand. – „Hans Jürgen, stell dir vor“ sagte #deraltebär aufgeregt, „was ich heute Morgen im Garten entdeckt habe.“ „Da, in dem hinteren Blumenbeet, unter den Sträuchern, habe ich einen kleinen Hasen gesehen.“

Der kleine Hase erzählte mir, dass nun bald Ostern sei und er von dem Oberosterhasen ausgesandt wurde, um zu berichten, wie die Menschen in diesem Jahr Ostern feiern.“

Zweifelnd schaute ich den alten Bären an. Welche Bärengeschichte wollte er mir da verkaufen? Schnell zog ich mich an und folgte dem Bären hinaus in den Garten. Es war kalt an diesem heutigen Morgen. Die Scheiben der Autos, die an der Straße standen, waren mit Eis bedeckt. Doch die Sonne streckte ihre ersten Strahlen nach mir aus. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie ich erschrak, als ich tatsächlich einen kleinen Hasen in unserem Blumenbeet vorfand.



Palmsonntag

Nach unserem gestrigen Zusammentreffen war der kleine Hase schnell im Gebüsch verschwunden, ohne dass wir mehr über ihn erfahren vermochten. #deraltebär und ich hatten den ganzen Tag damit verbracht, uns gegenseitig zu versichern, dass diese Begegnung kein Traum war.

Heute Morgen war ich früh erwacht. Allein hatte ich mich nach draußen begeben, in der Hoffnung, auf den kleinen Hasen zu treffen. Ich suchte in dem Beet unter den Sträuchern, da wo er gestern gesessen hatte. Vergeblich. Ich lief um das Haus. Der kleine Hase war nicht zu entdecken. Gerade, als ich meine Suche beenden wollte, sah ich ihn unter einer Palme vor dem Haus sitzen. Vorsichtig näherte ich mich ihm. Zu meiner Freude war er überhaupt nicht furchtsam, sondern begann sofort ein Gespräch mit mir. Er fragte, wie unser Osterurlaub war. Dann erkundigte er sich, ob meine Kinder oder meine Eltern Ostern regelmäßig zu Besuch kämen.


Ich fragte, ihn, warum er dies alles wissen wolle. Da erzählte er mir, dass er die Osterhasenakademie besuche. In jedem Jahr werde ein kleiner Hase ausgewählt, der in der Woche vor Ostern zu den Menschen ginge. Hier beobachte er deren Ostervorbereitungen. Am Ostersonntag, wenn der Osterhase seine Eier verteilt habe, würde er diesen zurück ins Hasenland begleiten. Dort würde er seine Erfahrungen niederschreiben, die dann archiviert würden. Diese Erlebnisse, welche die Hasen bei den Menschen sammelten, übertrafen sich Jahr um Jahr. In früheren Zeiten saßen die Menschen zusammen, versteckten Ostereier oder bereiteten sich auf einen Osterspaziergang vor. Sogar in den sogenannten „schlimmen Jahren“, in denen unter den Menschen Krieg herrschte, hatte das Archiv positives zu berichten. Den Menschen ging es nicht gut, jedoch genossen sie die Nähe zueinander und verbrachten die Vorostertage in großer Vorfreude auf das Fest. In den letzten Jahren hatten die ausgesandten Botschafter von Osterurlauben, Ferienspielen für Kinder und Geschenken berichtet, die man gemeinsam für das Osterfest vorbereitete. Nur einmal, so der kleine Hase, hatte der Gesandte keine Geschichten aus der Vorosterzeit mitgebracht. Dies lag viele, viele Jahre zurück. Der Hase war in Schimpf und Schande als Faulpelz entlarvt und aus der Akademie geworfen worden.

Mit jedem Satz, den der kleine Hase mir berichtete, wurde mein Herz schwerer. Ich dachte an die unzähligen Kranken, an das Kontaktverbot und den Appell, allein zu Hause zu bleiben. Dachte an ein Ostern, das anders werden würde als alle anderen Ostern zuvor. Ein Ostern, an dem die Enkel nicht ihre Großeltern besuchen konnten, ein Ostern, an dem keine Osterfeuer brannten, ein Ostern, an dem kein gemeinsamer Gottesdienst möglich war.

Mit schwerem Herzen kehrte ich in das Haus zurück. Wie all dies dem kleinen Hasen erklären, der voller Zuversicht in unsere Welt gekommen war.

Die Strategie

Den gestrigen Nachmittag hatte ich gemeinsam mit dem alten Bären auf der Terrasse verbracht. Die Sonne schien, die Blumen blühten, ein Summen der Bienen und Hummeln drang an unser Ohr. „Ach, es ist so schön hier im Garten“, sagte der alte Bär, „und gleichzeitig ist da die Gefahr, die man weder sehen, schmecken, riechen noch spüren kann.“ Hierüber kamen wir in ein Gespräch. Ich erzählte von dem Treffen mit dem Hasen, meiner Befürchtung, dass er nichts über unsere Vorosterzeit bei sich zu Hause berichten könne, der Sorge, dass er sogar der Schule verwiesen werde. „Lass uns überlegen, was es zu tun gilt“, sagte der Bär. Wir spielten eine Möglichkeit nach der anderen durch, kamen zu keinem Ergebnis. „Ich habe eine Idee“, brach es plötzlich aus dem Bären heraus. „Wir stellen ihm Fragen. Um die Antworten zu finden, muss er diese in sich selbst suchen. Hierdurch ist er so von dem Außen abgelenkt, dass er gar nicht mitbekommt, was uns gegenwärtig berührt.“ – „Prima, so soll es sein“, stimmte ich dem Bären zu.

Wir saßen lange auf der Terrasse zusammen, redeten erstmals über die Ängste und das, was uns belastet. Erst als der Abend hereinbrach, suchten wir die Zimmer auf und schliefen bald darauf ein. Die Nacht schenkte mir tiefen Schlaf, zum ersten Mal seit drei Wochen.

Bei meiner Begegnung mit dem kleinen Hasen, am kommenden Morgen, probierte ich unsere Strategie gleich aus. „Erzähle mir doch bitte, was ihr Hasen eigentlich mit Ostern zu tun habt“, bat ich ihn um Antwort.


„Ostern ist ein Fest des Lebens und des Neubeginns. Im Februar feiern wir Hasen die erste Hochzeit des Jahres. 42 Tage nach der Paarung bringt die Häsin die Jungen zur Welt. Meist sind es zwei bis drei, selten fünf Hasenkinder. Da die Geburt der Kleinen in die Zeit um Ostern fällt, haben uns die Menschen zum Symboltier des Festes erwählt. Ähnlich verhält es sich mit dem Osterei. Dies steht symbolisch ebenfalls für das Leben. Von außen wirkt es kalt und tot, doch in seinem Inneren wächst neues Leben heran.“ Voller Freude sprach der kleine Hase weiter: „Schon im alten Ägypten wurde das Ei als Ursprung der Welt verehrt, während man im antiken Griechenland und Rom im Frühjahr bunte Eier aufgehängt und verschenkt hat. Die Tradition der bunten Ostereier ist also schon sehr alt und geht weit über das Christentum hinaus.“

Ich dankte für die ausführliche Antwort und freute mich innerlich, dass unsere Strategie so gut aufgegangen war. Schnell lief ich ins Haus zurück, um den alten Bären hiervon zu berichten.


Vollmondnacht

Schon früh am Morgen, lief ich hinaus in den Garten, um Ausschau nach dem kleinen Hasen zu halten. Leider blieb meine Suche ohne Erfolg. Ich kehrte in das Haus zurück, um den alten Bären davon zu berichten, dass der Hase verschwunden sei. „Wo mag er nur sein?“, sprach der Bär gedankenverloren vor sich hin. Der kleine Hase, war uns in den letzten Tagen ans Herz gewachsen, mussten wir erkennen. Mehr noch; seine Anwesenheit hatte unser Leben verändert. Das gemeinsame Gespräch drehte sich ausschließlich um den neuen Mitbewohner. Hatten wir zuvor, die Sondersendungen im Fernsehen verfolgt, den Wissenschaftlern und vermeintlichen Experten Ohr und Gedanken geschenkt, so war in den beiden letzten Tagen die Glotze ausgeblieben. Der kleine Hase hatte unser Leben bereichert, so erkannten wir. Doch warum war er heute nicht zu finden? Ich hatte mir bisher nie überlegt, was der Kleine so den ganzen Tag im Garten trieb. Würde sich die Gelegenheit hierzu ergeben, so wäre dies eine Frage wert.

Die nachmittägliche Suche blieb ebenfalls vergebens. Ich nahm die aufsteigende Trauer in mir wahr. Das Abendessen schmeckte mir nicht. Um mich abzulenken, stellte ich den Fernseher an. Wie in der letzten Woche hielten die Experten Hof und überspielten mit großen Worten die eigene Unwissenheit. Indessen lief der alte Bär durch den Garten. „Hans Jürgen, Hans Jürgen“, klang es von draußen herein. „Er ist wieder da, komm schnell“. Ich folgte den Rufen und fand den kleinen Hasen im Blumenbeet sitzend, den Blick starr zum vollen Mond ausgerichtet.

„Ist euch schon einmal aufgefallen, dass Ostern nie an einem festen Datum stattfindet, so wie Weihnachten zum Beispiel?“, fragte der Hase. „Erst wenn der volle Mond im Frühjahr erstmals, der Sonne gleich, vom Himmel scheint, dann kann Ostern sein. So hat es bereits meine Mutter erklärt, als ich ein Häschen war. Und heute Nacht haben wir Vollmond. Ostermond“, erzählte der Hase begeistert weiter, und sein Blick schweifte wieder zum Mond hinauf.

„Aber wieso ist das so?“, wollte ich von dem Hasen wissen. „Ach Jürgen“, antworte dieser, „ich habe dir doch gestern erklärt, dass Ostern ein Fest des Lebens ist. Zu keiner anderen Jahreszeit ist das Leben so kraftvoll wahrzunehmen wie im Frühjahr? Und wann ist die Welt so bunt und farbenfroh, wie jetzt? – Und schau dir diesen Mond an. Voll, rund, satt schaut er auf uns herab. Es ist der Moment im Jahreskreis, der alle Sinne berührt. Im Besonderen, da nun die kalte Zeit hinter uns liegt.“ Der kleine Hase schien berauscht zu sein, von dem Spektakel der Nacht, und so verabschiedeten wir uns von ihm bis zum nächsten Tag.




Mittwoch

Am Vorabend lag ich im Bett, lange wach. War der Vollmond hieran schuld? Oder das Erleben mit dem kleinen Hasen, das mich beschäftigte? Es war vermutlich schon ein Uhr nachts, als endlich der gesuchte Schlaf zu mir kam.


Mein Weg an diesem Morgen führte mich zu dem Blumenbeet, an dem wir gestern Abend Abschied genommen hatten. Und tatsächlich, #derkleinehase saß noch dort. Ohne eine Begrüßung begann er zu 
erzählen. „Weißt du Jürgen, dass die Engländer zum Osterfest Weidenkätzchenzweige vom Baum brechen, um ihr Gegenüber damit zu streicheln. Sie erhoffen sich hiervon Glück. Im benachbarten Schottland hingegen wird mit großer Begeisterung das Eierrollen praktiziert. Hart gekochte Eier werden auf einer abschüssigen Straße so lange gerollt, bis die Schale völlig kaputt ist. Der Mitspieler, dessen Ei am weitesten gekommen ist, ohne zu zerbrechen, hat gewonnen. Und in Schweden findest du vor jedem Haus Birkenzweige mit bunten Federbüscheln. Die Kinder dort verkleiden sich als Osterweiber und verteilen Osterbriefe. Zum Dank bekommen sie Süßigkeiten oder sogar ein klein wenig Geld von den Nachbarn geschenkt.

Ist es nicht schön, wie gleich und doch so verschieden die Menschen das Osterfest feiern? Ein Fest und doch so unterschiedliche Rituale. Das ist Leben! - Und welche Bräuche habt ihr hier so? Komm, erzähle doch einmal.“

Oh, da war etwas vollkommen schiefgelaufen. Plötzlich fand ich mich in der Rolle des Antwort gebenden wieder. Das widersprach unserer Strategie. Die Auskunft schuldig bleibend, verabschiedete ich mich schnell von dem Hasen und kehrte in das Haus zurück.

„Oh alter Bär, das hat heute gar nicht geklappt! Er wollte wissen, welche Osterbräuche bei uns gepflegt werden. Sollte ich ihm von den Osterrädern in Günsterode berichten? Von den Osterfeuern, die normalerweise in den Stadtteilen brennen. In diesem Jahr wird doch nichts hiervon stattfinden können.“

„Hans Jürgen, morgen früh werde ich versuchen, den kleinen Hasen zu treffen. Dann probiere ich aus, wieder zu unserer Strategie zurückzukehren“, versuchte mich der Bär zu beruhigen.



Gründonnerstag

„Hans Jürgen, Hans Jürgen. Es hat funktioniert. Die Strategie ist aufgegangen“, rief der alte Bär, als er am Morgen aus dem Garten zurückkam. „Und schau einmal hier“, sagte er und hielt mir ein Blatt Papier hin. „Was ist das?“, fragte ich etwas verwirrt. „Das Rezept für die grüne Soße“, antworte der Bär.

„Man braucht, ein Becher Schmand, drei Becher saure Sahne; dazu die Kräuter: Borretsch, Petersilie, Pimpernelle, Sauerampfer, Schnittlauch, Dill, Zitronenmelisse, zehn Eier und zwei Esslöffel Öl. Die Eier werden hart kochen, mit kaltem Wasser abschreckt. Dann werden diese geschält und zum Abkühlen zur Seite gelegt. In der Zwischenzeit werden die Kräuter gehackt und mit der sauren Sahne, sowie dem Schmand und dem Öl verrührt. Die Eier werden nun klein geschnitten und unter der Soße gehoben. Fertig ist die Nordhessische Grüne Soße, so wie von Oma. Pellkartoffeln, dazu. Lecker.“

„Ach Bär, du weißt doch, dass ich keine grüne Soße mag“, antwortete ich. „Macht doch nichts, ich kann mir diese ja jetzt selbst zubereiten“, lachte der Bär. „Unser Hase ist wirklich ein ganz patenter kleiner Kerl“.

„Wie kam es denn, dass er dir das Rezept gegeben hat?“, fragte ich zurück. „Ach, das war so. Ich wollte ja unsere Strategie erneut anwenden. Also fragte ich ihn, warum der Gründonnerstag, der ja heute ist, so heißt. Ob das vielleicht was mit der grünen Soße zu tun hat.“


„Und was antwortete dir der Hase?“, fragte ich voller Neugier. „Er erzählte mir die Geschichte von Jesus, der nach Jerusalem gekommen war, um hier das jüdische Pessachfest zu begehen. Diese Feierlichkeit wird heute zeitgleich mit unserem Ostern begangen. Das Pessachfest ist ein Fest des Aufbruchs und des Lebens und erinnert daran, dass Gott das jüdische Volk aus der ägyptischen Sklaverei geführt hat. Jesus war zu dieser Zeit bereits sehr bekannt. Er war durch seine Reden und Predigten sowie seine Wundertaten aufgefallen. Und wie es ist; was dem einen gefällt, das mag der Andere überhaupt nicht. Jesus wurde verehrt, hatte aber auch viele Feinde. Am Gründonnerstag traf sich Jesus mit seinen nahen Anhängern und feierte das Abendmahl mit ihnen, indem er Brot und Wein mit allen teilte. Nach dem Essen ging er in den Garten Gethsemane, außerhalb von Jerusalem. Dort wurde er beim Gebet mit seinen Jüngern verhaftet und am Karfreitag gekreuzigt. Sein Aufenthaltsort war von Judas, einem seiner treusten Anhänger, verraten worden“.

„Ja, so kenne ich die Erzählung auch“, antwortete ich. „Aber was hat dies nun mit Grün zu tun?“ – „Das fragte ich den kleinen Hasen auch“, sagte der Bär. - „Der Name des Tages leitet sich nicht von der Farbe her ab, sondern geht auf das alte Wort ›greinen‹, für Weinen zurück. Und mit dem Verrat und der Verhaftung begann ein sehr trauriges Kapitel in der Geschichte Jesus. --- So, nun will ich aber in die Küche, mir grüne Soße zubereiten“ sagte der Bär und ließ mich im Flur stehen.


Karfreitag

Früh am Morgen ließen mich Gedanken erwachen, die in meinem Kopf kreisten. Lange lag ich in einem Zustand, der zwischen der Welt des Traums und der Realität angesiedelt ist. Heute war Karfreitag. Der dunkle Tag vor Ostern. Schon als Kind, schreckte mich die Leidensgeschichte ab, die fest mit diesem Tag verbunden ist. Der Mann am Kreuz, gewaltsam zu Tode gebracht. Warum nur all das Leid und Schmerz, den er ertragen musste. Dies war dem Jungen, der ich einmal war, zu viel. Hinzu die gegenwärtigen Ängste und Unsicherheiten, die unter den Menschen herrschen. Die Bedrohung durch ein Virus, das viele Kranke und über 95.000 Toten bisher gefordert haben soll.

„Guten Morgen, kleiner Hase“, begrüßte ich diesen, bei unserer morgendlichen Begegnung im Garten. „Warum gibt es diesen Tag voll Leid und Schmerz, wenn wir doch ein Fest des Lebens feiern wollen?“, fragte ich ihn.



„Jürgen, das ist eine interessante Frage. Schau, auf dieser Welt ist alles im Gleichgewicht der Gegensätze. Es gibt den Tag und die Nacht, ein alt und ein jung. Das eine wäre ohne das andere nicht denkbar. Wir können den Frühling erst feiern, wenn wir den Winter durchlebt haben. Und ebenso ist ein Leben ohne den Tod nicht vorstellbar. Wir können Freude erst empfinden, wenn wir auch das Leid kennen. Und je größer, stärker die Erfahrung des einen Extrem ist, so stärker wird das Erleben der anderen Seite sein. Stell dir einmal vor, du beißt in eine Zitrone. Ohne das Erkennen des sauren Geschmacks wirst du auch kein süß schmecken können. Und je saurer die Zitrone, umso süßer schmeckt bereits eine süßsaure Frucht. Die Leiden des Jesus, wie sie in der Bibel geschildert werden, sind so gewaltig groß. Verständlich, dass du als Kind damit überfordert warst. Er wurde verraten, verurteilt, gedemütigt, ausgegrenzt, gefoltert, gequält. Er starb den seelischen Tod, der ihn gottverlassen in den inneren Abgrund stürzen ließ, er starb den leiblich qualvollen Tod am Kreuz. Umso größer jedoch die Freude seiner Wiederauferstehung zu Ostern. - Und schau dir den Löwenzahn an, der hier wächst. Obwohl der Weg gepflastert ist, gelingt es ihm, dies zu durchdringen, neu zu erblühen. Die Kraft, welche Leben schenkt, ist stärker als Beton, stärker als der Tod. - Dies zu erkennen, lässt uns Ostern voller Freude, als Fest des Lebens feiern.“

Nachdenklich kehrte ich in das Haus zurück. Für heute hatte mir #derkleineHase genügend Themen zum Überlegen gegeben. Und bestimmt, würde sich das Gespräch mit dem alten Bären, beim Mittagessen, auch hierauf beziehen.


Ostersamstag


„Heute ist der Tag gekommen, an dem wir den kleinen Hasen darüber unterrichten sollten, wie es um dieses Osterfest bestellt ist“, erinnerte mich der #deralteBär beim Frühstück. „Denn morgen früh kommt der Osterhase und nimmt unseren Freund mit zurück ins Osterland.“

Gemeinsam gingen wir in den Garten, um diese schwierige Aufgabe zu erledigen.

An seinem Lieblingsort, dem Blumenbeet unter den Sträuchern, wartet der Hase bereits. - „Nun Jürgen, hast du über unser gestriges Gespräch nachgedacht?“, bittet der Kleine mich um Antwort. „Mit dem Leid des Karfreitages, ist es ähnlich wie mit der Krise, in der ihr gerade steckt.“ Der alte Bär und ich sahen uns überrascht an. „Weißt du etwa, was hier gerade passiert?“, fragte der Bär den Hasen. „Aber natürlich, bin ich hierüber informiert. Wir werden doch gut auf unsere Mission vorbereitet“, erwiderte der Hase. „Meine Fragen nach eurem Osterurlaub, oder nach den Osterbräuchen waren doch darauf ausgerichtet, euch an schöne frühere Ostertage zu erinnern.“ – „Soviel zu unserer Strategie“, urteilte ich in Gedanken. - „Und wenn auch ihr nicht auf diese Krise zu sprechen kamt, so erfuhr ich doch viel hierüber in der Zeit, als ich nicht in eurem Garten saß, sondern mich in der Welt umsah.“

„Das Leben ist wie ein Kaleidoskop“, philosophierte der Hase weiter. „Es ist bunt, farbenfroh und ständig im Wandel. Dies ist das einzig Beständige. - Auf gute, folgen schlechte Tage und umgekehrt. Alles folgt dem Gesetz von Ursache und Wirkung. Aber ihr könnt gewiss sein, dass das Leben immer obsiegen wird. Durch jede Krise werdet ihr geschult und wachst an deren Aufgaben. Du Jürgen, vertraust heute mehr der eigenen inneren Stimme, wie noch vor Wochen. Es fällt euch leichter, über Ängste und Gefühle zu sprechen, wie vor dem Virus. Ihr beide seid achtsamer mit euch selbst und den Anderen geworden. Ihr habt neue Fähigkeiten entdeckt, die künftig einen festen Platz im Leben haben werden. Vieles, was diese Krise an Wandlung hervorbringen wird, verschließt sich jetzt noch euren Augen. Aber seid gewiss, auch auf diese Veränderungen werden weitere folgen. - Doch über eines solltet ihr euch bewusst sein; jeder Augenblick im Leben ist einzigartig. Aber unter den einmaligen Augenblicken, ist dieses kommende Osterfest noch einmal einmaliger. Ihr habt die Möglichkeit, diesem Ostern ganz neue Facetten hinzuzufügen. Dies liegt allein in eurer Entscheidung, aber auch in euerer Stärke und eurer Macht.“

Mit diesen Worten verschwand der kleine Hase im Gebüsch. Schlagartig wurde mir klar, dass ich ihn vielleicht zum letzten Mal gesehen hatte; denn ob wir ihn morgen noch einmal treffen könnten, darüber hatte er nicht gesprochen.


 Ostern

In der Nacht zu Ostern schlief ich schlecht. Ich wurde mehrmals wach. Meine Gedanken waren bei dem kleinen Hasen. Würde ich ihn noch einmal sehen? Und wie würde ich diesen Abschied empfinden? Dem alten Bären schien es ähnlich ergangen zu sein, denn um kurz nach sechs Uhr trafen wir uns beide im Garten. Ein jeder von uns hatte den Plan verfolgt, noch einmal nach dem kleinen Hasen zu schauen. Hinter dem Haus trafen wir ihn nicht an. Und in dem Blumenbeet, das an dem Weg liegt, der zu unserer Haustür führt, fanden wir stattdessen einige Ostereier vor.

„Wir sind zu spät“, brach es aus mir heraus. Auch #deralteBär schluckte mutig seine Tränen fort. „Warum weinst du denn, alter Bär?“, tönte es neben uns. „Kleiner Hase“, da bist zu ja, rief ich glücklich aus. „Jürgen, glaubst du etwa, ich würde gehen, ohne euch Lebewohl zu sagen“, antworte der Hase. „Ihr solltet wissen, und dies ist mir wichtig. Ich vermag nicht zu versprechen, dass wir uns noch einmal sehen werden. Und doch ist diese gemeinsame Zeit unwiderruflich geschehen. Ich werde hierüber in den Hasen-Archiven berichten. Und auch Du, Jürgen, hast unsere Geschichte niedergeschrieben, wie ich weiß. - Nehmt noch einmal mein Beispiel vom Kaleidoskop. Die ideale Mosaikfigur geht verloren, wenn ihr das Rohr etwas weiterdreht. Aber dass es das perfekte Bild war, wisst ihr erst, wenn ihr das Rohr weitergedreht habt und eine neue Figur entstanden ist. Aber diese einmalige, perfekt zu nennende Struktur lebt in der Vorstellung des Betrachters weiter, bleibt in ihm für immer bestehen. Und so ist es auch mit unserem Zusammentreffen. In unseren Erzählungen, in unseren Gedanken bleiben die Erinnerungen an diese Osterzeit immer präsent. Dies Geschehen hat sich in der Weltenseele fest eingebrannt. Und falls ihr diese Worte nicht verstehen könnt, so versucht nicht sie zu klären, denn der Weg erschließt sich beim Gehen. – Habt nun ein schönes Fest und feiert euer Leben.“

Mit diesen Worten verneigte er sich vor uns --- und war verschwunden. Vollkommen verwundert, von diesem Abschied, blieben wir einige Zeit stillstehen. Dann brach gleichzeitig ein Lachen aus uns hervor.

„Frohe Ostern, alter Bär“, sagte ich. „Frohe Ostern, Hans Jürgen“, antwortete dieser. „Was stellen wir heute mit diesem Tag an?“, wollte der Bär wissen. „Also, ich rufe jetzt erst mal meine Familie und Freunde an, wünsche ihnen ein schönes Osterfest und bedanke mich dafür, dass sie in meinem Leben sind. Dann werde ich meine Lieblingsmusik abspielen und dazu tanzen“, antworte ich.

„Und wie sieht dein Tag aus?“


© 2020 / 2024 - Hans Jürgen Groß


Zusammenfassung 

Der kleine Hase: eine Geschichte über die Osterzeit in Zeiten der Pandemie. Ein kleiner Hase besucht einen Mann und einen Bären und lehrt sie, die Freude im Leben zu sehen, auch in schwierigen Zeiten.


Interpretation

Die Geschichte handelt von der Suche nach Freude und Hoffnung in einer Zeit der Unsicherheit und Bedrohung. Der kleine Hase symbolisiert die Kraft des Lebens und die Fähigkeit, auch in schwierigen Zeiten das Positive zu sehen. Er lehrt den Mann und den Bären, die kleinen Dinge im Leben zu schätzen und die Herausforderungen der Krise als Chance für Wachstum und Veränderung zu nutzen.

Schlüsselmomente: Der kleine Hase erzählt von seinen Beobachtungen der Menschen und wie sie Ostern feiern.
  • Er erklärt, dass Ostern ein Fest des Lebens und des Neubeginns ist, und dass es wichtig ist, die Freude im Leben zu sehen, auch in schwierigen Zeiten.
  • Der kleine Hase hilft dem Mann und dem Bären, ihre Ängste und Sorgen zu überwinden und sich auf die positiven Aspekte des Lebens zu konzentrieren.
  • Am Ende der Geschichte verabschiedet sich der kleine Hase und hinterlässt dem Mann und dem Bären ein Gefühl der Hoffnung und Zuversicht.

Botschaft: Die Geschichte ist eine Erinnerung daran, dass die Kraft des Lebens und die Hoffnung immer siegen werden, auch in den dunkelsten Zeiten. Sie ermutigt uns, die kleinen Dinge im Leben zu schätzen und die Herausforderungen, die uns begegnen, als Chance für Wachstum und Veränderung zu nutzen.


Weitere Informationen

Startseite der ursprünglichen Fortsetzungsgeschichte "der kleine Hase": https://www.xn--lebensschtze-ocb.de/2020/04/der-kleine-hase-wie-alles-begann.html 

Omas Osterüberraschung - die ganze Geschichte - https://t1p.de/ostergeheimnis

Hoppsi´s Abenteuer - eine Ostergeschichte aus dem Jahr 2023, die Bezug auf die obige Erzählung nimmt: https://t1p.de/HoppsiAbenteuer


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