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Lichtmess - Gedanken und Erinnerungen zum Tag

„An Lichtemess, an Lichtemess, da soll´n die Herrn bei Tage ess.“

Diesen Satz kenne ich aus meiner Kindheit. Meine Oma rezitierte ihn in jedem Jahr zu Mariä Lichtmess, welches am 02. Februar gefeiert wird.

„Warum Omichen?“, erwiderte ich, vom Wunsch geleitet, diese mysteriöse Welt um mich herum zu verstehen. - „Ach weißt Du“, antworte sie. „Früher war in der Welt viel deutlicher erkennbar, wer arm und wer reich ist. Da gab es die Bauern und Diener, deren Tagesablauf durch die anfallende Arbeit bestimmt war. Und da gab es auf der anderen Seite, die „Herrschaften“, die Menschen mit Macht, welche die Geschicke der Welt lenkten. Diese hatten in der Regel einen festen Tagesablauf, zu dem auch feste Essenszeiten gehörten. Zu Lichtmess kehrt das Licht sichtbar in unser Leben zurück. Nun geht die Sonne wieder vor 8 Uhr auf, und erst nach 17 Uhr wieder unter. Es wird täglich wieder spürbar heller, und so konnten die Herrschaften ihre Mahlzeit bei Tageslicht einnehmen.“, so lautete die Erklärung meiner Großmutter.

Mir erschloss sich hieraus, dass wir an diesem Tag die Rückkehr des Lichts in unser alltägliches Leben feierten. Penibel achtete ich darauf, das nun zum Abendessen, die runde Neonlampe in der Küche ihr kaltes, unangenehmes Licht nicht mehr surrend in den Raum verströmte. – Es dauerte noch zahlreiche Jahre, bis ich mich wieder mit dem fragenden, wissbegierigen Kind in mir verband, und nach weiteren Hintergründen dieses Tages suchte.

An Mariä Lichtmess endete in der katholischen Kirche früher die Weihnachtszeit, genau 40 Tage nach Heiligabend. – Und hier war sie wieder, die mystische Zahl 40. – 40 Tage regnete es bei der Sintflut, 40 Tage (ohne Sonntage) dauert die christliche Fastenzeit, 40 Tage verbrachte Jesus allein in der Wüste und auch der Prophet Elia ist 40 Tage ohne Brot und Wasser dort unterwegs, 40 Tage verlebt Mose auf dem Berg Sinai. Zwischen Ostern und Himmelfahrt liegen, wen wundert es, genau 40 Tage. Das französische Wort Quarantäne heißt ins Deutsche übersetzt ebenfalls vierzig und geht auf die so lange währende Zeit der  Isolation von Pestkranken zurück.

Die 40 steht also nach altem Wissen für das Ende eines Zeitraums, eines Prozesses, eines Übergangs. Nun ist etwas abgeschlossen, wir können rein und frei von dem Alten in etwas Neues starten.

Aber warum Mariä Lichtmess? – An Heiligabend feiern wir die Entbindung Jesu durch seine Mutter Maria. Nach dem alten jüdischen Gesetz galten Frauen nach der Geburt eines Jungen 40 Tage als „unrein“ (und 80 Tage nach der Geburt eines Mädchens). Die 40 stellt also auch hier das Ende eines Übergangs in die neue Mutterrolle dar, und schützte die Frauen, vor einer neuen vorzeitigen Schwangerschaft.

Ein alter christlicher Feiertag also? Nein, denn bereits in vorchristlicher Zeit wurde dieser Tag unter dem Namen Imbolc, oder Imbolg feierlich begangen. Imbolc ist neben Beltane (1. Mai), Lughnasadh (1. August) und Samhain (1. November) eines der vier großen heidnischen Feste. Der Name Imbolc kommt vom altirischen „imb-folc“, was soviel wie „Rundum-Waschung“ bedeutet, und kennzeichnet es somit ebenfalls als Reinigungsfest.

Freuen wir uns also heute, auf eine neue Zeit, die nun getrennt und unbelastet des Alten für uns beginnen kann. Freuen wir uns an dem wiederkehrenden Licht, welches nun Tag um Tag vermehrt in unser Leben tritt.



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