Fotografische Zeitreise: Hessentag 1987 in Melsungen

„Ja, ich habe noch Fotos vom Hessentag * in Melsungen“, antwortete ich, als ich jüngst hiernach gefragt wurde.

Und diese Frage brachte mich unmittelbar in das Jahr 1987 zurück, in dem dieses Ereignis stattfand. Nachdem Melsungen sich mehrere Jahre erfolglos für die Durchführung des Hessentages beworben hatte, erhielt die Stadt für das Jahr 1987 den Zuschlag. Dies löste bereits im Vorfeld einen großen Sanierungs- und Wandlungsprozess aus. Die Bartenwetzerbrücke ist seitdem für den Verkehr gesperrt. Rund um das Rathaus, wo zuvor die Fahrzeuge fuhren, entstand eine Fußgängerzone. Zahlreiche Häuser wurden saniert und herausgeputzt.

Die Veranstaltung selbst fand in der Zeit vom 06. - 14. Juni 1987 statt. Und plötzlich rückte die kleine Stadt in den Fokus des öffentlichen Interesses. Das Fernsehen sendete täglich aus dem beschaulichen Städtchen. Die Straßen füllten sich mit Menschen. Ein Rummelplatz und Bierstände waren von anderen Festen der Vergangenheit bekannt. Die riesige Bühne am Marktplatz war schon eine Auffälligkeit.

Der große Festzug am Abschlusssonntag dauerte stundenlang an und war live im Fernsehen zu sehen. Ich selbst musste mir diesen als Helfer des Roten Kreuzes am Straßenrand aus ansehen. Ansonsten wäre ich dem Spektakel eher fern geblieben. Angeblich haben 150.000 Menschen den Festzug vor Ort gesehen. Meine Eltern und meine Großmutter sahen sich den Umzug im Fernsehen an. Und auch bei mir zu Hause nahm mein Videorekorder die Sendung auf. Von dem VHS-Band sind jedoch nur die ersten 60 Minuten des Umzugs in die digitale Welt übertragen worden. Es gibt generell wenig Fotodokumente über das Fest in meinem Archiv. Dies scheint jedoch für die Zeit der 80er-Jahre normal zu sein, wie die Anfrage nach meinen Bildern zeigt.

1985 war ich aus der ersten eigenen Wohnung in der Innenstadt an das Ende der Stadt, weit oben am Waldrand gezogen. Mehr als 30 Minuten „Bergwandern“ trennten mich also von dem Trubel. Die Parkplätze in der Innenstadt waren beschränkt. Und so habe ich sicherlich damals auch nicht jeden Tag des Festes genutzt, um hieran teilzunehmen.

Zum Zeitpunkt des Festes war ich 28 Jahre alt und hatte also gerade die Grenze zum fünften Lebensjahrsiebt überschritten. Ich arbeitete in Teilzeit in einer Steuerberatungskanzlei. Drei Tage in der Woche widmete ich dieser Arbeit, zwei Arbeitstage waren für die Arbeit an meiner Dissertation vorgesehen, die mich jedoch auch an den Wochenenden und im Urlaub beanspruchte. Ich erinnere mich, dass ich die Zeit eines dreiwöchigen Urlaubs auf der Nordseeinsel Norderney als besonders fruchtbar für die Doktorarbeit empfand. Dieser Urlaub endete ca. eine Woche vor dem Hessentag.

Mit meiner Nikon FG, die noch keinen Autofokus hatte, machte ich die ersten Bilder der Landesfeier mit dem restlichen Material des Urlaubsfilms. Es sind die Farbfotos, die aus einem Diapositiv-Film entstanden sind. Für die weiteren Aufnahmen besorgte ich mir einen Schwarz-Weiß-Film. Auch damals waren Farbfilme üblich, aber man verwendete Schwarz-Weiß-Filme, um besonders künstlerische Werke zu schaffen. Das war zumindest meine Annahme.

Inspiriert von Fotobüchern suchte ich nach besonderen Eindrücken. Menschen in ihrem Umfeld zu fotografieren, was heute wohl als Street-Art Fotografie gilt, und damals noch ohne rechtliche Einschränkungen möglich war, weckte mein Interesse. Ebenso stellte ich mich der Herausforderung der Nachtaufnahmen, die mit der Technik der damaligen Zeit äußerst schwierig waren. All dies ist im Mittelpunkt der überschaubaren Anzahl von Bildern des Ereignisses zu sehen.

Eine kleine Anekdote ist mir noch in Erinnerung geblieben. Es muss wohl der Samstagabend vor dem finalen Ende des Festes gewesen sein, als wir am Abend durch die Innenstadt liefen. Unsere Aufmerksamkeit erregte von Weitem die Apotheke am Marktplatz, die beleuchtet war und in der sich mehrere Menschen aufhielten. Dort angekommen, wurden wir herzlich dazu eingeladen, die Räume zu betreten. An der Ladentheke stand der Apotheker und schenkte selbst gebrannten Schnaps aus. Es wurde ein langer Abend in der Apotheke und der 30-minütige Weg nach Hause war beschwerlicher als sonst.

All dieses Zeiterleben ist unsichtbar in meine Fotos eingeschrieben, die ich an dieser Stelle gerne teile und zu deren Betrachtung ich einlade.

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* Anmerkung: Der Hessentag wurde im Jahr 1961 durch den damaligen hessischen Ministerpräsidenten Georg-August Zinn ins Leben gerufen. Ziel der Veranstaltung war zunächst, Alteingesessene und Zuwanderer zusammenzubringen und den zahlreichen Flüchtlingen und Heimatvertriebenen ein Gefühl für ihre neue Heimat zu verschaffen. Aber auch Hessen selbst hatte einen Nachholbedarf im Hinblick auf Zusammengehörigkeitsgefühl, war das Land doch erst 1945 durch Entscheidung der Hauptsiegermächte des Zweiten Weltkriegs aus Gebieten entstanden, die 400 Jahre weniger miteinander zu tun und getrennte Entwicklungen genommen hatten. Der Hessentag ist das älteste und größte Landesfest in Deutschland.

Zusammenfassung:

Eine Anfrage nach Fotos vom Hessentag in Melsungen im Jahr 1987 führte mich zu einer Reise in die Vergangenheit. Melsungen erhielt nach mehreren erfolglosen Versuchen den Zuschlag für die Ausrichtung des Hessentages, was umfangreiche Sanierungsmaßnahmen und Veränderungen in der Stadt zur Folge hatte. Die Veranstaltung fand im Juni 1987 statt und brachte die Stadt ins Rampenlicht. Das Stadtbild wurde durch Fußgängerzone, sanierte Gebäude und zum Fest durch eine große Bühne am Marktplatz geprägt.

Der Festzug am Abschlusssonntag zog viele Menschen an und wurde live im Fernsehen übertragen. Ich habe kurz zusammengefasst, wie ich selbst dieses Fest erlebte. Obwohl Fotos und Aufnahmen begrenzt sind, zeigen die Bilder die Atmosphäre der Zeit. Die Bilder spiegeln auch meinen persönlichen Ausdruck wider. Ich lade Sie herzlich zu dieser Reise in die Vergangenheit ein.

Stichworte:

Hessentag, Melsungen, 1987, Veranstaltung, Stadtgeschichte, Fotografie, Erinnerungen, Street-Art-Fotografie, Schwarz-Weiß-Film, Festzug, persönliche Erlebnisse, Zeitdokumente.

Text und Fotos © 1987 / 2023 - Hans Jürgen Groß

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