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ein Männer (Menschen) Traum

 

"Heinrich, der Wagen bricht!"
"Nein, Herr, der Wagen nicht,
Es ist ein Band von meinem Herzen,"

(Brüder Grimm, Der Froschkönig)

Schluss, aus, vorbei! Behaltet eure Erwartungen für euch. Ich atme stattdessen tief durch. Und während ich mich so fallen lasse, verschwindet auch der Zwang, perfekt sein zu müssen. Tschüss, Mama. Tschüss, Papa. Tschüss, Chefin! Macht, was ihr wollt. Ich genieße derweil das Leben. Ich sitze am Strand in einem Café und schaue verträumt den Wellen zu.

Ich will kein Krieger, König oder Superstar sein, keinem Männerbild entsprechen. Ich muss gar nichts sein, ich bin mir genug. Ich brauche nicht zu hetzen oder zu kämpfen. Ich darf genießen. Und wenn du mich fragst, ob ich nun faul, leichtsinnig oder sogar anders werden will, dann sage ich dir: Aber ja, mein Freund! Es kümmert mich nicht länger, ein toller Mann zu sein. Aber keine Angst, so frei und glücklich wie gerade jetzt habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.





Hintergrund:
Es muss im Jahr 1993/94 gewesen sein, als ich bei einem Treffen des Melsunger Männergesprächs zum ersten Mal auf das Buch „Die Prinzenrolle – über die männliche Sexualität“ aufmerksam wurde. Das Kapitel über den vorzeitigen Samenerguss endet mit der Beschreibung eines „Männertraums“, von einem Leben außerhalb von Erwartungen und Druck. Ein Traum, der den Nerv vieler Männer ansprach, zumindest in unserer Gesprächsrunde. Bei den von unserer Gruppe organisierten „Haydauer Männertagen“, im Jahr 1995, wurde dieser Traum öffentlich vorgetragen.

Doch worum geht es in dem Traum? Nicht primär um Sexualität, sondern um die individuell und kollektiv auferlegten Pflichten und Erwartungen an einen Mann. Dies beginnt mit dem „ein Junge weint doch nicht“, in der Kindheit, über die „Ernährerrolle" im Erwachsenenalter bis zu „Kinder und Frauen zuerst“ in Krisen und Kriegszeiten. Es wird erwartet, dass er funktioniert, sich aufopfert, egal, wie sensibel, sanftmütig oder schwach dieser Mensch in männlicher Form im Leben steht. Und hinter all dem steht der moralische Zwang, „Du kannst doch nicht!“, „Du musst!“

Der Männertraum aus dem Buch ist auch dreißig Jahre nach seinem Erscheinen immer noch, oder gerade wieder aktuell. In einer Zeit, in der Männer auf dem Schlachtfeld der Kriege physisch und auch psychisch hingeschlachtet werden. Wo sie gezwungen werden, für die Machtinteressen Anderer ins Feld zu ziehen und sich zu opfern. - Einer Zeit, in der Erzieherinnen und Erzieher beobachten, dass Mädchen immer häufiger rosa gekleidet in den Kindergarten gebracht werden.

Doch steckt in dem zufriedenen Nachschauen der Frauen nicht auch eine Erwartung an den heutigen Mann? Vielleicht möchte er ja den jungen Männern nachschauen, oder sich in Vorstellungen ergehen, wie er sich selbst in diesem schicken Rock gefallen würde? Unter Umständen möchte er aber auch einfach nur seinen Gedanken nachhängen, den Kaffee genießen, ohne überhaupt zu schauen. - "Du darfst so sein, wie du bist, ohne jegliche Erwartungen", sollte die Botschaft lauten, die mich veranlasste, den Text neu zu schreiben.

Für Menschen in weiblicher Form trifft dies Gesagte im gleichen Maße zu. Angesichts dessen könnte der Titel auch: „Ein Menschentraum“ lauten.


Das Original:
Schluss, aus, vorbei! Ich lass den Zug sausen, und dann schnauf ich mich aus. Und wie der Zug immer kleiner wird, so schwindet auch mein Gefühl, nicht genug zu sein. Tschüß Mama, tschüß Papa, tschüß Tarzan! Fahrt schön, wohin auch immer ihr wollt, ich schau mir derweil den Frühling an! Und sitz am Kirchplatz im Café und guck zufrieden den Weibern nach.

Kein Bock mehr, König von Deutschland zu werden! Gar nichts muss aus mir werden, ich bin mir genug! Ich brauch nicht zu rennen, ich kann zu mir stehen! Und wenn du mich fragst, ob ich nun bequem werden will, dann sag ich dir eines: Aber sicher, mein Freund! Mich treibt nichts und niemand mehr, ein toller Mann zu werden. Aber keine Sorge, so stark und lebendig wie gerade jetzt habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt!

(Schnack, D., Neutzling, R. - Die Prinzenrolle, 1993, Seite 324 f)


Die Generalprobe für die „Haydauer Männertage“ 1995: 



Zusammenfassung:
Dieser Text handelt von einem Mann, der sich von den Erwartungen an ihn befreit. Er will nicht mehr der perfekte Mann sein, der immer alles schafft und allen gefällt. Er will sich selbst sein und das Leben genießen. Er lässt alles hinter sich und macht sich auf die Suche nach seinem eigenen Glück. - Inspiriert durch das Buch „Die Prinzenrolle“ von Schnack und Neutzling.

Schlagworte:
Freiheit, Glück, Selbstfindung, Erwartungen, Druck, Männerbild, Authentizität

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