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Urlaub und Lebenszeit – ein Gleichklang

Mein Urlaub endet. Morgen früh werde ich den Koffer schließen, den Staubsauger durch die Zimmer summen lassen und mit Bus und Bahn nach Hause zurückkehren. Acht Tage liegen dann hinter mir – acht Tage, die mir vorkommen wie Lebenszeit im Kleinen.

Ich erinnere mich noch gut an den Beginn. Vor einer Woche, genau um 14 Uhr, erreichten wir Duhnen. Den Schlüssel zur Wohnung in den Händen, den Kopf noch voll mit Eindrücken von der Fahrt, die Gedanken noch halb zu Hause verhaftet. Der Ort selbst fremd, wimmelnd, laut, voller Bewegungen, die mir nicht gehörten. Ich fragte mich: Was wird mich hier erwarten?

Und nun – sind die Tage verflogen. Die ersten waren lang, angefüllt mit Entdeckungen, als läge die Welt weit offen. Sonntag, der erste ganze Tag, brachte mir das Erkunden der unmittelbaren Umgebung, das Prüfen, was mir gefiel, was ich wiedersehen wollte. Montag schon wagte ich weitere Kreise, Dienstag ein Ausgreifen in eine neue Himmelsrichtung. Die Tage waren reich, übervoll von Eindrücken – wie das Erleben in Kindheit und Jugend: staunend, neugierig, hungrig auf die Welt.

Doch dann kam der Mittwoch – Halbzeit. Ich verfasste meine kleine Halbzeitkarte, wie eine Botschaft an die Welt da draußen. Noch voller neuer Bilder, doch auch schon mit dem Wissen: Die Hälfte ist vorbei. Von da an wurden die Tage kürzer im Empfinden. Nicht, dass sie weniger Stunden gehabt hätten – aber die Zeit lief schneller. Gewohnheit stellte sich ein, Bekanntes überlagerte das Neue. Der Donnerstag brachte gar einen Hauch von Langeweile: Wohin nun noch gehen? Was wiederholen, was lohnt den zweiten Blick? Der Freitag schien ebenso zu verlaufen, doch dann schenkte er mir einen unverhofften Schatz: einen Himmel, weit und klar, in leuchtendem Rot – als wollte er sagen: Sieh, das Leben hat immer noch Überraschungen für dich.

Und jetzt, am letzten Abend, sitzt die Melancholie leise bei mir. Ich weiß: Morgen verlasse ich diesen Ort, der mir vertraut geworden ist. Ich werde die Spuren meiner Anwesenheit tilgen, alles in den Koffer legen – als hätte es mich nie gegeben. Und doch bleibt etwas, das ich mitnehme.

So gleicht der Urlaub dem Leben selbst. Ankommen – wie in der Kindheit: tastend, neugierig, voller Fragen. Wachsen, hinausgehen, die Welt erfahren – die Jahre der Jugend und der jungen Erwachsenen. Dann das Erreichen der Mitte, Halbzeit. Die Tage scheinen schneller zu vergehen, das Neue wird seltener. Alltag und Gewöhnung bestimmen. Doch manchmal, an einem unscheinbaren Freitagabend, öffnet sich der Himmel und schenkt einen Augenblick, der trägt.

Und schließlich das Ende. Koffer packen, Spuren verwischen. Fragen tauchen auf: Was habe ich erfahren, was bewahre ich? Was nehme ich mit in die nächste Etappe? Das Leben – es ist wie diese acht Tage: entdecken, bewahren, vergehen. Und doch bleibt etwas zurück, das nicht vergeht: die innere Bewegung, die Erinnerung, die leisen Veränderungen, die wir mit nach Hause tragen.

Morgen Abend wird hier eine andere, ein anderer liegen, in diesem Bett, auf dem ich gerade sitze. Wird träumen, Erholung wünschen. Atmet die Luft, die mich bereits durchströmt hat. Geht Wege, die ich gegangen bin, erkennend als den eigenen Weg.
Und ich? Ich bin dann dort, wo ICH BIN.

Nachklang
Und wenn ich morgen die Wohnungstür schließe, bleibt etwas Unsichtbares zurück: ein Hauch von mir, wie eine Muschelspur im Sand. Das Meer wird sie bald verwischen – und doch weiß ich, dass sie da war. So geht es auch mit der Lebenszeit: Wir tilgen unsere Spuren, und dennoch bleibt ein Abdruck im Unsichtbaren, den nur das Herz erkennt.



Text und Foto © 27.09.2025 – Hans Jürgen Groß

Anmerkung:
Der gedankliche Vergleich eines Urlaubs mit einem Leben begleitet mich seit Jahrzehnten – immer wieder. Was ist wichtig? Wie gelingt es, bis zum Zeitpunkt der Abreise ganz bewusst anwesend zu sein, ohne sich im Abschiedsschmerz oder schon in den Aufgaben des heimischen Alltags zu verlieren?


Analyse und Interpretation des Textes durch Claude Ai:


Zusammenfassung:
Acht Tage Urlaub – und Lebenszeit im Kleinen.
Vom Staunen des Anfangs über die Halbzeit bis zum Kofferpacken am Ende: In diesen Tagen spiegelte sich das ganze Leben. Was bleibt, wenn alles vergeht? Ein stiller Abdruck, wie eine Muschelspur im Sand. Ein poetischer Vergleich von Hans Jürgen Groß.

Stichpunkte:
Urlaubserfahrung, Lebenszeit, Vergänglichkeit, Halbzeit des Lebens, Melancholie, Urlaub und Leben Vergleich, Abschied, Erinnerung, Lebensphilosophie, Nachklang, Spuren hinterlassen, persönliche Reflexion, Duhnen Urlaub, Nordsee Reise, innere Einkehr, Alltagsbewusstsein, Staunen und Entdecken, Lebensabschnitte, Koffer packen, Abschiedsschmerz



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