Eva: Es geschah an einem Freitag in Gensungen (eine Leidensgeschichte)
Heinrich Böll (Die Waage der Baleks)
Die Schläge hallen laut durch das kalte Kirchengewölbe. Gehetzte Lichter flackern; ihr Rauch frisst sich in den eisigen Geruch von Blut und Angst. Auf dem Boden krampft Eva, siebzehn Jahre alt, ein Bündel im zerrissenen Kleid aus grobem Leinen. Der Richter hebt erneut die Hand zur Ruhe. „Gestehe, Weib!“, dröhnt es, während die Menge in den Bänken murmelt – verschränkte Arme, versteinerte Blicke. An der Pforte hockt der Büttel (1), die Pfennige für den Galgenberg schon in der Hand. Es ist ein kalter März-Freitag, im Jahre des Herrn 1693.
Der eindringliche Klang eines weiteren Schlages zerreißt die Stille.
Die Dunkelheit. Süß wie Zucker umfing sie mich, trug fort von Händen, Blicken, Schmerz. Doch immer wieder rissen sie mich zurück in diesen Albtraum.
Ein Schrei, ein Aufbäumen, als ein weiterer Schlag Eva trifft.
Ich war einmal ein Mädchen mit blumengeflochtenen Zöpfen, barfuß im Schlamm der Eder. Die Jungen warfen Steine, aber nicht nach mir – sie lachten meinem Gesang entgegen. Da trugen Männerblicke noch Sonne, keine gierigen Schatten. Damals, als Mutter noch lachte, bevor die Geburt des dritten Kindes sie schwächte und schließlich nahm. Sie hatte dem Pfarrer so treu gedient als Magd in seinem Hof. - Wann wurde ich zur Beute?
Ein weiterer Schmerzensschrei durchdringt den Raum.
Seine Hand auf meinem Arm beim Ährenbinden auf den Feldern des Pfarrers. Seit Mutters Tod lag die Verantwortung für meine kleine Schwester auf meinen Schultern. Vater ertrug den Verlust nicht. Der Kummer trieb den einst so geschickten Zimmermann zum Trunk, bis auch er uns verließ. Nun waren wir Waisen, abhängig von der Gnade des Pfarrers und der harten Arbeit auf seinem Hof. Der Knecht… „Zart wie Milchhaut“, hauchte er, und ich errötete – unwissend, dass dies die erste Schlinge war. Dann die Nächte im Heuschober, sein Atem, Bier. Schweiß und Macht. „Ein Wort, und ich zeig dich als Hure an.“ Der Schmerz war weniger als das Schweigen danach. Und jetzt dies. Diese wachsende Last in meinem Leib. Wehe dem Tag, an dem der Pfarrer es bemerkt. Mägde wie ich, mit unehelichem Kind, werden vom Hof gejagt, verstoßen. Was bliebe mir dann? Kälte, Hunger, Schande. Für mich und mein Kind.
„Genug!“, ruft der Richter. Eiswasser trifft Evas Gesicht. Sie keucht, krümmt sich, der Blick irrt zum Kreuz auf dem Altar.
„Ich … gestehe …“, krächzt sie. Die Worte zerreißen ihre Kehle. Ein Seufzen geht durch die Kirche. Na also, denkt der Schmied in der dritten Reihe, Brot kauend. Der Schreiber kritzelt: „Anno 1693, das Weib Eva, des Kindsmords überführt …“
Sie wollen kein Geständnis. Mein Fleisch ist ihr Begehr.
Hände reißen mir das Kleid vom Leib. Kalte Luft auf nackter Haut. Männeraugen saugen, lüstern mein Fleisch.
„Das weiße Gewand der Buße!“, schreit jemand. Ein durchsichtiges Leinentuch wird ihr umgehängt.
„Bekenne vor Gott deine Sünde“, fordert der Pfarrer.
Das Kind. Ein Schmetterling in der Faust. Doch als die Wehen kamen, im Schweinestall des Pfarrhofs, allein mit Ratten und im Stöhnen, war der Schmetterling still. War es tot? Ohrfeige mich, Gott, wenn ich lüge – ich weiß es nicht mehr. Nur blaue Zehen wie Winterhimmel.
Die Stille des Morgens war trügerisch. Irgendjemand hatte meine einsame Verzweiflung gehört, meine heimliche Niederkunft bemerkt. Wer hatte die kalten Augen der Obrigkeit auf mich gelenkt? Wer hatte aus meiner Not ein Verbrechen gesponnen? Der Knecht, dessen schändliche Berührung diese Frucht getragen hatte? Oder eine der anderen Mägde, deren Neid wie Gift in den Mauern des Hofes kroch? Die Angst war ein eisiger Griff um meine Kehle, schlimmer als jeder Schmerz der Geburt.
„Seht die Sünderin!“, donnert der Pfarrer und reißt das Tuch herab. Evas Körper, von Schlägen gezeichnet, zuckend im Altarkerzenlicht. Ein Junge lacht, bis die Mutter ihm den Mund zuhält. Die Richterhand taucht in Salz. Höllenregen auf Evas Wunden. „Damit die Seele rein brennt!“
Salz in den Wunden. Salz auf der Zunge. Mutter, du hast gewarnt.
„Ein Mädchen ist wie Milch“, sagte sie. „Stell sie in die Sonne, und sie wird sauer.“ Sie starb, als ich zwölf war – an einem Kind, anders als meins: gewollt, geliebt, begraben. Vater folgte ihr bald, die Trauer und der Schnaps hatten ihn schneller zermürbt als das härteste Holz seiner Werkstatt.
Und wieder ein Schlag, der die Dunkelheit verwehrt.
Nicht wieder. Bitte – Dunkelheit.
Doch da war sein Gesicht, der Knecht, jetzt hinten in der Kirche, verschränkte Arme, keine Regung, keine Scham.
Warum bin ich die Hexe, während er so zufrieden schaut?
„Zur Richtstatt!“, brüllt der Büttel.
Der von Ochsen gezogene Leiterwagen holpert über das Pflaster, seine Räder quietschen wie höhnisches Gelächter. Eva, auf dem Wagen, die Arme an einen Balken geschnürt, das Bußgewand durchweicht von Blut, Schweiß und Urin. Der Pfarrer schreitet vor dem Zug, betend. „Seht, die Mörderin!“, kreischt eine Marktfrau, faules Obst fliegt. Eine Birne trifft Evas Schläfe, ihr Kopf schlägt gegen das Holz.
Der Karren schwankt – wie einst der Kahn auf der Eder, als alles noch Spiel war.… Mutter lacht, ein Hut fliegt, ich greife, kippe fast …
Ein fauler Apfel trifft ihren Mund. Schock, Schmerz – faulige Süße, salzig wie Schuld. Nein, nicht die Eder. Der Karren. Der Galgen. Augen zu.
Verschwinde. Zersplittere. Staub.
Durch das Dorf zieht die Prozession pervertierter Frömmigkeit. An der Opperecke drängen sich Menschen um den Opferkasten. „Zwei Pfennige für den Blick ins Höllenfeuer!“, grölt der Büttel. Kinder heben Schürzen für die geworfenen Münzen.
Seine Hände. Im Heu. Sonne durch Schoberritzen, sein Atem saures Bier. „Still, sonst schrei’ ich's vom Kirchturm!“ Heu stach meinen Rücken. Kuhmuhen. Dann das Knirschen, zerrissener Rock – nicht Karrenholz, nicht Fesseln, nicht jetzt, nicht hier.
Ein Stein trifft ihr Knie. Der Folterknecht packt ihr Kinn. „Augen auf, Hure! Genieß deine letzte Reise!“
Je höher der Wagen steigt, desto wilder das Volk. Frauen reißen ihre Haare, werfen sie Eva entgegen – „Für die Hölle, Hexe!“ Männer schreien Obszönitäten, die den Büttel erröten lassen. Auf einem Basaltblock sitzend, isst der Scharfrichter Wurst, sein Gehilfe reibt den Strick mit Wachs. „Schneller!“, brüllt er, den Mund voll Essen, „die Sau soll zucken für die Krähen!“
Grün. Wiesengras unter nackten Füßen. Marie, kleine Schwester, pflückt Gänseblümchen, flicht sie ein. „Eva mit den Apfelblüten“, lacht sie. Glockenklang.
Warum verstummt das Läuten?
RUCK.
Der Wagen hält. Stille. Dann Strickknarren im Wind.
Ah, die Schaukel. Am Fluss. Mutter schiebt, höher, höher … bevor das Schicksal uns auseinanderriss und meine kleine Schwester und mich allein zurückließ.
„RUNTER MIT DEM KLEID!“, schreit das Volk. Hände zerren das letzte Tuch vom Leib. Kalt. So kalt.
Eva steht nackt, ihr Körper eine Karte des Leids von Männern beschrieben. – Streifen, Narben, Blutrinnen. Die Menge verstummt. Selbst Raben innehalten. Nur Wind pfeift um Basalt, als der Henker ihr den Strick umlegt. „Letzte Worte?“, faucht er.
Mutter. Das Kind. Sein Gesicht, lavendelblau im Mondlicht.
Sie öffnet den Mund. Spricht nicht. Ist leer, so leer.
Der Henker zieht am Strick. Ein Ruck – die Kehle krampft, die Luft wird knapp. Sie ringt nach Atem, stößt ins Leere.
Ein Zucken – dann senkt sich die Dämmerung über ihre Sinne.
Dann – ein Geschenk. Noch einmal hier. Der grobe Folterknecht zieht am Seil. Langsam, grausam, gnädig. Gerade so, dass ihr Blick noch einmal über das Tal gleitet: grüne Wiesen. Die alte Burg. Die Eder – ein Silberband. Rauch über Höfen, wo Frauen schuften, die morgen an ihrer Stelle hängen könnten. Ein letztes Einatmen – Harz. Angstschweiß. Der Duft des nahen Frühlings.
Es ist vollbracht. Der letzte Hauch, der ihr entfährt, steigt auf, gleich einem unsichtbaren Nebel. Legt sich auf Pflanzen, die künftig bitter schmecken. Mischt sich mit Wasser, das Kinder beim Trinken schaudern lässt. Dringt in die Häuser, haftet an Kleidern und Wiegen, sät Albträume in Kissen der Schweigenden. Doch die Menschen atmen ihn ein – und spüren nichts. Nur Hunde heulen in jener Nacht, als Evas Geist über die Dächer streicht – nicht Rache, nicht Fluch. Nur eine Frage.
Am Rand des Platzes, hinter dem Schandpfahl, kauert eine verschleierte Gestalt: Marie, Evas Schwester, gebeugt. Ihr Schluchzen vergeht im Lärm der Gaffenden.
Als Evas Körper still ausschwingt, verläuft sich die Menge. Der Schmied diskutiert mit dem Bäcker, Kinder stehlen die Wurst des Henkers, der Krämer flüstert seiner Magd zu: „Geh nicht ihre Wege.“
Nur Raben bleiben. Warten bis zur Dämmerung. Dann stoßen sie herab – schwarz wie die Tinte auf dem Urteil. Drei Tage später findet der Müller der ihre Leiche am Berg verscharrt, zwischen Evas Fingern eine verwelkte Kornblume. Woher diese einzelne, blaue Blüte kommt, die der kalte Märzboden bislang nicht hervorgebracht hat, bleibt ein Rätsel. Vielleicht die stumme Erinnerung an einen Sommer, der ihr genommen worden ist, ein Farbtupfer der Unschuld in den Fängen des Todes.
Im Laufe der Jahrzehnte verblasst die Erinnerung an Eva. Der Galgen verfällt, und später errichtet man an seiner Stelle ein Denkmal – nicht für sie. Der Hügel sollte fortan den Namen Heldenhügel tragen, eine Ehrung der jungen Männer, die in den Kriegen der Mächtigen ihr Leben ließen. Man preist ihren Tod als Heldentum, doch ähnelt ihr Schicksal dem Evas: verführt, benutzt und ihr Leben willentlich geopfert.
Kein Name, keine Tafel für die Frau, die an einem kalten Märztag als Kindsmörderin ihr Ende fand. Ein Schicksal vieler Frauen – Eva, eine von ihnen, kroch blutigen Fußes, gebrochen über den Basalt des Lebens. Ihr letzter Seufzer verfing sich im kalten Wind des Vorfrühlings, der über die kargen Felder zog, stumm wie die Erde, die ihre Geschichte barg.
ANMERKUNG
Die vorliegende Erzählung ist ein fiktionales Werk, inspiriert von einem historischen Ereignis: der letzten dokumentierten Hinrichtung einer Frau wegen Kindsmords am Galgenberg bei Gensungen, datiert auf das Jahr 1693, bzw. 1695 (hier gehen die Quellen auseinander). Der reale Hintergrund der Geschehnisse bleibt im Strom der Zeit verborgen.
Die Geschichte lehnt sich in Struktur und Symbolik an die biblische Passionsgeschichte an. Der Freitag als Tag der Hinrichtung wurde bewusst gewählt, um diesen Bezug zu verdeutlichen. In der Geschichte der europäischen Strafjustiz wurde der Freitag jedoch häufig – als Tag der Kreuzigung Jesu – symbolisch für Hinrichtungen gewählt. Der im Archiv der Stadt Felsberg genannte 8. März 1693 fiel allerdings auf einen Sonntag – einen christlichen Ruhetag, an dem Hinrichtungen in der Regel nicht stattfanden (es könnte durch einen Übertragungsfehler verursacht, Freitag, der 6. März 1693 gewesen sein). Der ebendort an anderer Stelle genannte 8. März 1695 fiel hingegen auf einen Dienstag und wäre somit, ebenso als tatsächlicher Hinrichtungstag, möglich.
Der 8. März wurde im 20. Jahrhundert zum Internationalen Frauentag erklärt: eine Synchronizität, die dem Stoff eine zusätzliche gesellschaftliche Dimension verleiht.
Historische Quellen über zum Tode verurteilte „Kindsmörderinnen“ legen nahe, dass sich die geschilderten Ereignisse in ähnlicher Form so zugetragen haben könnten.
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Historische Fußnote
Der Galgenberg bei Gensungen, eine basaltische Anhöhe unterhalb des Heiligenbergs, diente über Jahrhunderte als Richtstätte. Schon seit dem Hochmittelalter (um 1200) wurde in Gensungen, im Bereich der heutigen Evangelischen Kirche, Gericht gehalten. Kam es zu einem Todesurteil, führte der Weg der Verurteilten hinaus zum weithin sichtbaren Galgen – ein Ort der Exekution wie auch öffentlicher Zurschaustellung. Die Hinrichtungen galten nicht allein der Abschreckung, sondern wurden von der Obrigkeit gezielt als spektakuläre Massenereignisse inszeniert. An der sogenannten „Opperecke“ wurde dafür sogar Opfergeld erhoben – ein Eintrittspreis für das Schauspiel am Rande des Todes.
Im März 1693, an anderer Stelle wird der März 1695 genannt, wurde dort die letzte Hinrichtung vollzogen: eine Frau, verurteilt wegen Kindsmordes. Ihr Name ist nicht überliefert. Der Vollzug erfolgte durch den Scharfrichter, das Beisetzen übernahm, wie damals üblich, einer der örtlichen Müller – Angehörige eines als „unehrlich“ geltenden Standes, dem man die Handreichung an „Unreinen“ überließ. Die Müller aus Gensungen, Niedervorschütz, Deute und Neuenbrunslar mussten zu diesem Zweck die sogenannten „Säckeldienste“ leisten – den Transport und das Verscharren der Leichname.
Im Jahr 1809 wurde die Richtstätte auf Befehl von König Jérôme Bonaparte, Bruder Napoleons und König von Westphalen, offiziell aufgehoben. 1925 errichtete man an gleicher Stelle ein Ehrenmal – allerdings nicht zum Gedenken an die Opfer früherer Justiz, sondern zur Erinnerung an die Gefallenen der Weltkriege. Die Umbenennung in „Heldenhügel“, heute Ehrenmal, besiegelte damit auch symbolisch das Vergessen derer, die hier einst als Verstoßene und Verurteilte starben.
Quellen:
- https://www.archiv-felsberg.de/anzeigen/galgenberg-in-gensungen/
- https://www.archiv-felsberg.de/anzeigen/die-muehle-in-gensungen/
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historische Postkarte |
„Der Körper als Schlachtfeld – Evas Geschichte und die stille Chronik der Gewalt“
Was geschieht mit jenen, die keine Geschichte schreiben, sondern erleiden? Mit denen, deren Namen aus Urteilen bestehen und deren Taten nie als solche gelten, weil sie aus Zwang, Not oder erlittenem Unrecht geboren sind?
Die Figur der Eva steht exemplarisch für eine Vielzahl von Frauen, die in der Vormoderne – aber auch heute noch – zur Zielscheibe gesellschaftlicher Kontrolle wurden. In einer Welt, in der weibliche Körper als Objekte männlicher Macht galten, in der Armut, Herkunft und Geschlecht über Leben und Tod entschieden, war Schuld nicht das Ergebnis einer Tat, sondern das einer Position im Gefüge: ganz unten.
Die Erzählung gibt dieser Perspektive eine poetische und schmerzhafte Stimme. Zwischen kindlichen Erinnerungen, körperlicher Entgrenzung und innerem Widerstand entsteht das Porträt einer jungen Frau, die niemals eine Wahl hatte – und der dennoch eine erschütternde Würde bleibt.
Die Geschichte folgt keiner klassischen Dramaturgie der Erlösung, sie verweigert die Katharsis. Stattdessen bleibt am Ende eine Leerstelle – keine Gerechtigkeit, keine Rehabilitierung, kein Denkmal. Nur eine Frage, die durch die Nacht zieht: Warum schweigt ihr?
Evas Geschichte ist keine historische Fußnote. Sie ist ein Echo – und es klingt bis heute.
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der Ort des Geschehens, so wie er sich heute präsentiert |
„Eva“ – Eine literarische Anklage gegen das Schweigen der Geschichte
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Ein kalter Märzmorgen. Auf einem Hügel, den man später „Heldenhügel“ nennen wird, hängt eine junge Frau – verurteilt als Kindsmörderin. Doch was, wenn die Schuld nicht bei ihr lag, sondern bei einer Gesellschaft, die Frauen nur als Eigentum, als Dienstbare, als Verführte oder Verführende kannte?
In dieser erschütternden poetischen Erzählung gibt Eva der Sprachlosigkeit der Opfer eine Stimme. Ihr letzter Weg, erzählt in flackernden Bildern zwischen Schmerz, Erinnerung und innerer Flucht, wird zu einem schonungslosen Zeugnis weiblicher Ohnmacht und stiller Größe.
Ein literarisches Mahnmal – intensiv, bildgewaltig und von bedrückender Aktualität.
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Programm zur Einweihung des Denkmals auf dem Galgenberg 1925 |
https://www.xn--lebensschtze-ocb.de/2020/01/das-ehrenmal-in-gensungen.html
Mehr zum Thema Kindesmord aus Literatur & Theater
1. Friedrich Schiller – Die Kindsmörderin (1781)
Ein frühes, aufrüttelndes Prosastück des jungen Schiller. Es erzählt die tragische Geschichte der ledigen Magd, die nach Verführung, sozialem Fall und Verzweiflung ihr Kind tötet. Schiller kritisiert die gesellschaftliche Ordnung und zeigt Empathie für das „Verbrechen aus Not“.
2. Heinrich Leopold Wagner – Die Kindermörderin (1776)
Ein bürgerliches Trauerspiel der Sturm-und-Drang-Zeit, das als Vorlage für Schillers Werk diente. Es stellt das Schicksal der ungewollt Schwangeren als Anklage gegen ein bigottes, patriarchales Wertesystem dar.
3. Georg Büchner – Woyzeck (1836–1837, posthum veröffentlicht)
Zwar steht hier kein Kindsmord im Zentrum, aber Marie, die Geliebte des einfachen Soldaten Woyzeck, wird wegen gesellschaftlicher Konventionen und moralischer Normen an den Rand gedrängt – sie wird zur Täterin und zum Opfer. Die Thematik von Schuld, Armut und Macht wird ähnlich verhandelt.
4. Goethe – Faust. Der Tragödie erster Teil (1808)
Gretchens Kindsmord (Kapitel Kerker) ist ein zentrales Motiv. Aus Verzweiflung über ihre Verlassenheit durch Faust tötet sie ihr Neugeborenes. Goethes Gretchen steht exemplarisch für den Zusammenbruch der gesellschaftlich verordneten weiblichen Rolle und wird zur literarischen Urfigur der „gefallenen Frau“.
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Stichworte:
Felsberg, Gensungen, Melsunger Land, Kindsmord, Kindsmörderin, patriarchale Gewalt, weibliche Ohnmacht, gesellschaftliche Ausgrenzung, Scheinmoral, Doppelmoral, Armut, Abhängigkeit, Missbrauch, Macht, Folter, öffentliche Hinrichtung, (Un-)Gerechtigkeit, 17. Jahrhundert, Stigmatisierung, uneheliche Mutterschaft, Kirche, Obrigkeit, Gericht, Todesurteil, Schuld, Scham, kollektives Schweigen, Gerechtigkeit, Missbrauch, Misshandlung, Demütigung, Galgenberg, Heldenhügel, Ehrenmal, Passion, Leid, Passionsgeschichte, Leidensgeschichte, Karfreitag, Eva
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Blick zum Ehrenmal, von meinem Elternhaus - Ostern 2025 |
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