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Gut, Böse, freier Wille - ein Impulsreferat aus dem Jahr 2014

 


Gut, Böse, freier Wille 



Gut / Böse / freier Wille

Impulsreferat Melsunger - Männergespräch


27. August 2014 / überarbeitet 2022

Autor u. Referent: Hans Jürgen Groß



Einleitung

In den meisten philosophischen Schriften wird das Böse als das „Nichtsein des Guten“ oder als „die Abwesenheit des Guten“ definiert.

Denn: Im Absoluten existiert das Böse nicht.

In welcher Form auch immer das Böse auftritt, es entspringt stets der negativen Anwendung des freien Willens von einzelnen oder vielen Menschen. Das Böse gründet im menschlichen Bewusstsein.

Das Gute berücksichtigt notwendigerweise die Achtung und das Interesse Anderer, die sogenannte „Nächstenliebe“. Das Gute entspricht einem Bewusstseinszustand, der von der Erziehung, von Vorerfahrungen, vom Glauben, von Überzeugungen, von Zielen abhängig ist.

Wie schwer dies ist, und wie wenig eine Vorerfahrung auf eine andere Situation übertragen lässt, zeigt das Beispiel des Messers in der Hand des Mörders/ in der des Chirurgen.

Böses zuzulassen, wenn man die Möglichkeit hat, selbst einzugreifen, ist aus mystischer Sicht eine ebenso große Schuld, wie dieses Böse selbst zu tun.

Während seiner ganzen Existenz ist der Mensch mit dem Problem von „Gut und Böse“ konfrontiert. Solange er das Problem nicht meistert, begeht er Fehler (eine nicht erfüllte Erwartung) in seinen Entscheidungen und seinem Verhalten, sowohl gegenüber sich selbst als auch gegenüber Anderen.


Der kategorische Imperativ des Philosophen Kant ist der Leitspruch der Aufklärung.

Immanuel Kant hat als einer der ersten Denker deklariert, dass die Menschen Ihren Verstand gebrauchen und sich nicht von anderen leiten lassen sollen. Kants kategorischer Imperativ lautet: „Handle nur nach derjenigen Maxime, von der du zugleich wollen kannst, dass Sie ein allgemeines Gesetz werde“. Kant postulierte, dass menschliches Handeln frei von jeglichen Neigungen sein muss. Handlungen müssen „aus Pflicht“ geschehen, denn nur dann sind sie moralisch. Sie müssen also aus Achtung vor dem Gesetz (dem kategorischen Imperativ) geschehen. Handlungen, die pflichtgemäß aber durch Neigung geschehen, wie zum Beispiel das Spenden von Geldern an Bedürftige, oder aber Handlungen, die pflichtwidrig sind, wie zum Beispiel Diebstahl, sind nach Kant nicht moralisch anerkennbar.

Anders jedoch:
„Wer ohne Sünde ist der werfe den ersten Stein.“ Jesus, Ehebrecherin

,,und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ Glaubensbekenntnis.


Man kann nicht, nicht handeln

Am Anfang steht ein Mangel. Ein Mangel, der sich in Form eines Bedürfnisses äußert und Motor für unser Handeln ist. Häufig sind wir uns dieser Bedürfnisse nicht bewusst. Sie werden unterschwellig empfunden oder schlummern latent und verdeckt in uns. Diese schlummernden Bedürfnisse können zu offenen Wünschen, Erwartungen werden, wenn sie durch Werbung oder durch vergleichendes Handeln anderer direkt oder indirekt geweckt werden.

Um unser Ziel zu erreichen, sind in der Regel unterschiedliche Handlungsalternativen denkbar.

Handeln kann im aktiven Tun, im tun lassen und im Unterlassen erfolgen. Daraus folgt, man kann nicht, nicht handeln. Oder: wir entscheiden uns immer für eine Handlungsalternative.

Wir Menschen sind soziale Wesen. Von daher ist es nicht verwunderlich, wenn unser Handeln unmittelbar oder mittelbar Auswirkungen auf andere Menschen hat. Da, wo durch individuelles Verhalten wissentlich oder unwissentlich Einfluss auf die Entscheidungen und das Handeln anderer Menschen ausgeübt wird, entsteht ein soziales Spannungsfeld.

Dort, wo sich eine Person direkt vom Verhalten einer anderen Person gestört oder in der Erfüllung der eigenen Bedürfnisse behindert sieht, spricht man von einem Bedürfniskonflikt.

Wir erleben die Welt durch unsere 5 Sinne (Wahrnehmung), jedoch niemals unmittelbar direkt. Daher ist unser Erleben immer mit Interpretation und Bewertung (Wahrgebung) verbunden. Daraus folgt: ich erlebe eine Situation anders wie Du, oder das persönliche Erleben ist stets individuell.

Es sind die, „Außenstörungen“, die sehr häufig direkt zu Streit und Konflikten führen. Es ist der „Andere“, die „,Andere“, die dafür sorgen, dass ich meine Präferenzen nicht leben, nicht erfüllen kann, die mich im Mangel der unerfüllten Bedürfnisse halten. Er / sie macht mir etwas streitig (Konkurrenzsituation) oder schließt mich von etwas aus. So zumindest ist die Wahrnehmung, die in diesem Zustand der Enttäuschung, Depression und Frustration vermehrt anzutreffen ist.

In dem individuellen Erleben ist das Verhalten einer anderen Person, die mich an der meiner Bedürfnisbefriedigung hindert „böse“.

Es ist also die individuelle Wahl der Handlung, die als böse bewertet werden kann, jedoch niemals das ursprüngliche Bedürfnis, was den Impuls hierfür liefert.

Kollektiv gesehen, besteht ein Konsens darüber was als gut oder böse bewertet wird.

Das Töten eines Menschen wird moralisch als das verwerflichste Tun bewertet. Geschieht die Tötung durch einen Henker (Todesstrafe), Polizist (finaler Todesschuss) oder einen Söldner (Krieg), so wird diese Handlung nicht nur toleriert, sondern positiv gewürdigt. Im Laufe der Zeit ist diese kollektive Wertgebung Veränderungen unterworfen, wird durch die Sicht des herrschenden Systems bestimmt.

So wurden rituelle Menschenopfer, oder die Hexenverfolgung ursprünglich als gut, aus heutiger Sicht jedoch als böse bewertet.

Böse ist somit ein Verhalten, das außerhalb der gegenwärtig gültigen kollektiven Norm liegt. Mit anderen Worten: Das Böse ist etwas aus der Zeit gefallenes. Ein Tun, das alten, überholten bzw. noch nicht gültigen Handlungsnormen entspricht.


Das Dreieck in einer Welt der Dualität.

Wir leben in einer Welt der Dualitäten, d.h alles und jedes hat zwei Seiten. Heiß - Kalt, Hell - Dunkel, Kurz - Lang, Dick – Dünn, Positiv - Negativ. So leben wir in der Dualität. Wenn etwa Positives in unser Leben tritt, wissen wir es kann auch etwas Negatives geschehen.

Zwei gegensätzliche Dinge weisen immer einen gemeinsamen Punkt auf, der dazwischen liegt. Das Dazwischenliegende ist das Ergebnis der beiden Gegensätze, in der Wechselwirkung des einen auf den anderen, und hat Anteil an beiden. Ohne die Vereinigung zweier Bedingungen mit gegensätzlichen Polaritäten ist keine vollständige Manifestation denkbar.

Aktiv              Passiv              Neutral
These             Antithese         Synthese
Mann              Frau                 Kind
gasförmig       fest                  flüssig
Licht              Finsternis          Dämmerung
heiß               kalt                  lauwarm
Anziehung      Abstoßung         Gleichgewicht
Licht              Schatten            Gegenstand
Gut                Böse                 Freier Wille


Gesetz der Kausalität

Kausalität (lat. Causa ,,Ursache“) bezeichnet einen naturgesetzlichen, reproduzierbaren Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung oder „Aktion“ und ,,Reaktion“, betrifft also die Abfolge aufeinander bezogener Ereignisse und Zustände. Die Kausalität (ein kausales Ereignis) hat eine feste zeitliche Richtung, die immer von der Ursache ausgeht, auf die die Wirkung folgt. Kurz: Ein Ereignis, oder der Zustand A ist die Ursache für die Wirkung B, wenn B von A herbeigeführt wird.

Beispiel „Der Tritt auf das Gaspedal verursacht, dass das Auto beschleunigt“.

Daraus folgt: all unserem handeln, - welches auf einer Wahl unterschiedlicher Handlungsalternativen beruht - folgt immer eine Reaktion im Außen.

All das was uns im Leben begegnet, ist Reaktion auf unsere Handlungs-entscheidungen (Karma / Schicksal).

Jedoch auch: Wie eine Kette Dominosteine welche wir durch das Anstoßen eines Steines zum laufen bringen, hat jegliches tun eine unbegrenzte Auswirkung auf unsere Außenwelt.

Chaostheorie (Kypernetik): der Flügelschlag eines Schmetterlings kann auf der anderen Seite der Welt einen Wirbelsturm auslösen.

Daraus folgt: wir können - anders wie Kant postuliert - niemals alle Wirkungen unseres Tuns im Ganzen, a priori bestimmen.


Zusammenfassung:

Gut und Böse sind Eckpunkte der dualen Welt

werden durch den „freien Willen“ bestimmt, existieren somit nie absolut

Motor all unseren Handels sind die individuellen Bedürfnisse. Wir haben immer mehrere Handlungsoptionen. Das individuelle Bedürfnis ist immer positiv / gut. Nur die gewählte Handlungsoption kann negativ / böse sein; und zwar dann, wenn Sie bewusst anderen Menschen schadet. Wir können nie gänzlich ausschließen, das wir mit der gewählten Handlungsalternative anderen Menschen Schaden zuführen.

Da wir die Welt nie unmittelbar erleben, kann eine allgemein gültige Kausalität a priori nicht vorhergesehen werden. Der kategorische Imperativ ist somit ein wissenschaftliches Axiom, jedoch keine mögliche Realität. Wir können unser Verhalten jedoch soweit ausrichten, das wir den größten Nutzen unserer Handlungen für alle beteiligten Personen erwarten dürfen.

Der Mensch ist ständig und während seiner ganzen Existenz mit der Problematik Gut/Böse konfrontiert.


Abschließender Exkurs: Theologische Handlungsmaxime

Matthaeus 7
1 Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet.
2 Denn mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden....

Lukas 6:41
Was siehst du aber einen Splitter in deines Bruders Auge, und des Balkens in deinem Auge wirst du nicht gewahr?

Roemer 2:1
Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der du richtest. Denn worin du den andern richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du ric
htest.

© 2014 (/ 2022 Hans Jürgen Groß

                                                               Bild: aus Hexenhammer



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