der Ruf nach Frieden - oder: von einer gescheiterten Mission
Es war einmal in der Zeit der wahren Legenden, als in den Kirchen, Tempeln und Moscheen der Welt die Menschen zu Gott beteten: "Herr, schenke uns Frieden!" Und aus jedem Palast, jeder Firma, Villa, Haus und Hütte wurde der Ruf laut: "Friede, Herr, gib uns unseren gerechten Frieden!"
Als diese Gebete und Bitten zu Gott drangen zeigte dieser Erbarmen und er schickte seinen liebsten Engel hinab auf die Erde. Aber nach wenigen Tagen kehrte der Engel des Frieden zu Gott zurück. In seinen Zügen war eine tiefe Trauer zu lesen und auf seiner Stirn klaffte eine blutige Wunde.
„Verzeihe, Herr!“ Sagte er bittend, die Menschen bedürfen meiner nicht.
„Sie bedürfen deiner nicht?“ Fragte Gott zweifelnd.
Ich war nicht untätig, berichtete der Engel. Ich bin zu jedem gegangen der meine Hilfe erflehte, aber nirgends konnte ich helfen, an keinem Ort war ich willkommen.
Ich kam zu Nachbarn, die im Zank miteinander lagen und jeder sagte mir: "Gib mir mein Recht!"
Ich ging zu streitenden Eheleuten, zu Eltern und Kindern und jeder verlangte in meinem und im Namen der Gerechtigkeit nach seinem Willen.
Ich besuchte die Armen und sie sagten "Mach uns reich!" Ich ging zu den Reichen und sie sagten: "Beschütze unseren Reichtum."
Ich ging zu den Priestern und sie verlangten mehr Macht und Gläubige für ihre Kirchen.
Ich besuchte die Offizieren der sogenannten Friedensheere und sie zeigten mir unermessliche Magazine voll von Mordwerkzeugen, Drohnen, Panzern und Atomraketen. Sie forderten: "Gib uns mehr davon, denn nur das dient dem Frieden!"
Ich ging zu den Führern der Nationen und diese verlangten ihre Wahrheit als die einzig wahre zu bekunden. In meinen Namen solle Bombe mit Bombe, Blut mit Blut aufgewogen, der Krieg gesegnet werden.
Keiner hieß mich willkommen; alle meinten, wenn ich nur ihre Wünsche erfüllte, dann hätten sie Frieden. Das aber vermochte ich nicht und so kam ich gescheitert zu dir zurück.
"Und die Wunde auf deiner Stirn?" Fragte Gott zärtlich und voller Liebe.
Da neigte der Engel den Kopf und sagte leise: "Ich war unachtsam Herr, und habe mich an einem Baum gestoßen, verzeiht mir bitte."
Und Gott nahm ihn in den Arm, schaute ihm in die Augen und bedeckte seine Wunde mit Küssen.
© 2022 – Hans Jürgen Groß; Frei nach Emil Peschkau, aus Simplicissimus, 1896, 1. Jahrgang Nr. 5, Seite 3.
Als diese Gebete und Bitten zu Gott drangen zeigte dieser Erbarmen und er schickte seinen liebsten Engel hinab auf die Erde. Aber nach wenigen Tagen kehrte der Engel des Frieden zu Gott zurück. In seinen Zügen war eine tiefe Trauer zu lesen und auf seiner Stirn klaffte eine blutige Wunde.
„Verzeihe, Herr!“ Sagte er bittend, die Menschen bedürfen meiner nicht.
„Sie bedürfen deiner nicht?“ Fragte Gott zweifelnd.
Ich war nicht untätig, berichtete der Engel. Ich bin zu jedem gegangen der meine Hilfe erflehte, aber nirgends konnte ich helfen, an keinem Ort war ich willkommen.
Ich kam zu Nachbarn, die im Zank miteinander lagen und jeder sagte mir: "Gib mir mein Recht!"
Ich ging zu streitenden Eheleuten, zu Eltern und Kindern und jeder verlangte in meinem und im Namen der Gerechtigkeit nach seinem Willen.
Ich besuchte die Armen und sie sagten "Mach uns reich!" Ich ging zu den Reichen und sie sagten: "Beschütze unseren Reichtum."
Ich ging zu den Lenkern der Konzerne und diese forderten höhere Gewinne, damit sie in Frieden und Freiheit wirtschaften können.
Ich ging zu den Priestern und sie verlangten mehr Macht und Gläubige für ihre Kirchen.
Ich kam zu den Opfern der Gewalt, um diese zu trösten. Doch ihnen dürstete nach Rache.
Ich besuchte die Offizieren der sogenannten Friedensheere und sie zeigten mir unermessliche Magazine voll von Mordwerkzeugen, Drohnen, Panzern und Atomraketen. Sie forderten: "Gib uns mehr davon, denn nur das dient dem Frieden!"
Ich ging zu den Führern der Nationen und diese verlangten ihre Wahrheit als die einzig wahre zu bekunden. In meinen Namen solle Bombe mit Bombe, Blut mit Blut aufgewogen, der Krieg gesegnet werden.
Keiner hieß mich willkommen; alle meinten, wenn ich nur ihre Wünsche erfüllte, dann hätten sie Frieden. Das aber vermochte ich nicht und so kam ich gescheitert zu dir zurück.
"Und die Wunde auf deiner Stirn?" Fragte Gott zärtlich und voller Liebe.
Da neigte der Engel den Kopf und sagte leise: "Ich war unachtsam Herr, und habe mich an einem Baum gestoßen, verzeiht mir bitte."
Und Gott nahm ihn in den Arm, schaute ihm in die Augen und bedeckte seine Wunde mit Küssen.
© 2022 – Hans Jürgen Groß; Frei nach Emil Peschkau, aus Simplicissimus, 1896, 1. Jahrgang Nr. 5, Seite 3.